Stefan Kretzschmar plaudert über den Handball von früher Sport

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Er ist eine Ikone des deutschen Handballs und gleichzeitig einer der unterhaltsamsten Menschen im Sport. Wenn Stefan Kretzschmar über seine Anfänge und den Sport im Allgemeinen spricht, dann warten praktisch immer unterhaltsame Geschichten auf die Zuhörer.


Sportler wie Stefan Kretzschmar gibt es heute noch nur wenige im Profisport. Menschen, die geradeaus sagen, was sie denken und gern einmal als echte Kerle bezeichnet werden, wurden heute fast überall durch glattgebügelte, medientrainierte Einheitstypen ersetzt. Besonders deutlich wird dies, wenn man sich einmal auf ein Gespräch mit Kretzschmar einlässt. In einem Interview sprach die Sportseite Spox kürzlich mit dem ehemaligen Handballer, wobei ein interessantes und vor allem sehr unterhaltsames Gespräch entstand.

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Kretzschmars Anfänge

Wenn man Stefan Kretzschmar erzählen hört, dann stellt man schnell fest, dass dessen unterhaltsame Geschichten schon früh ihren Anfang nehmen. Die erste Profistation des Handballers war beispielsweise der SV Blau-Weiß Spandau, ein Verein, der es anscheinend nötig hatte, mit allen Mitteln um jeden Sponsor zu kämpfen. So musste der Trainer der Mannschaft jede Woche einmal auf dem Fußballfeld antreten und sich ins Tor stellen. Im Anschluss schoss der Hauptsponsor ihm die Elfmeter um die Ohren. Etwas, das selbst in der damaligen Zeit vermutlich eher ungewöhnlich war.

Im Anschluss an Spandau zog es Stefan Kretzschmar weiter nach Gummersbach. Noch heute erinnert sich der Berliner an seine erste Gehaltsverhandlung mit seinem neuen Verein. Ganz vorsichtig wollte er eigentlich 1500 Mark im Monat bei dem ersten Gespräch fordern. Aus einem Impuls heraus ging Kretzschmar jedoch plötzlich auf 3500 Mark hoch. Sein Vater, der im Raum war, trat seinem Sohn überrascht ans Schienbein. Als der Präsident von Gummersbach jedoch ohne zu zögern zustimmt, war Kretzschmar schnell klar, dass er wohl noch höher hätte gehen können.

Stefan Kretzschmar gibt Abschiedsspiel

Alkoholische Aufnahmerituale

Eine der größten Veränderungen im Handballsport ist nach Stefan Kretzschmar heute auch der Umgang mit Partys. In den 90er Jahren war es praktisch Standard, dass die Mannschaften bis morgens um 4 Uhr unterwegs waren, um mit Fans und jeder Menge Alkohol zu feiern. Selbst das Rauchen im Mannschaftsbus war in vielen Vereinen kein Problem. Heute sieht die Sache ganz anders aus. Profisportler werden als Vorbilder angesehen, sodass es oft eher negativ ausgelegt wird, wenn ein Foto mit einem sturzbesoffenen Sportler auf Facebook auftaucht.

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Auch die Aufnahmerituale in eine Mannschaft dürften sich heute in vielen Vereinen geändert haben. Als Stefan Kretzschmar nach Gummersbach kam, musste man dort als Neuling besonders trinkfest sein. So wurde der Zapfhahn in der Kneipe mit einem Gummi fixiert, sodass das Bier praktisch immer floss. Als Neuling war es eine der Hauptaufgaben sicherzustellen, dass kein Tropfen verschwendet wurde. War man dann entsprechend angetrunken, durfte man vor der Mannschaft einen dreiminütigen Vortrag halten. Kretzschmars Thema lautet damals Intimtätowierungen in der ostdeutschen Zone. Im Anschluss entschied der Mannschaftsrat, ob man würdig genug war, aufgenommen zu werden.

Party in der Nationalmannschaft

Für Stefan Kretzschmar war auch die Zeit in der Nationalmannschaft ein wichtiger Teil seiner Karriere. Hier zeigt sich wieder einmal, dass vor 10 bis 20 Jahren noch andere Verhältnisse herrschten. Gerade vor großen Turnieren hatte die Vorbereitung mitunter etwas von Klassenfahrt. Besonders hoch her ging es vor Olympia 2004. Damals kam Bundestrainer Heiner Brand auf die bedingt gute Idee, die Vorbereitung in Köln zu absolvieren. Für die Spieler war dies natürlich ideal. Nachdem man im Training ordentlich Gas gegeben hatte, konnte man problemlos die Nacht zum Tag machen und richtig feiern gehen.

Die Turniere selbst wurden dann allerdings trotzdem professionell angegangen. Bis heute nagt an Kretzschmar dabei die Viertelfinalniederlage bei den Olympischen Spielen von Sydney. Seiner Meinung nach war die deutsche Nationalmannschaft damals das beste Team der Welt und hätte Gold geholt, wäre man nicht gegen Spanien unglücklich ausgeschieden. Deutlich weniger wurmt den ehemaligen Nationalspieler die Silbermedaille von Athen. Da Kroatien einfach besser war, ließ sich die Finalniederlage einfacher verarbeiten.

Glanzzeit in Magdeburg

Seine erfolgreichste Zeit als Spieler erlebte Stefan Kretzschmar beim SC Magdeburg. Dass er überhaupt dort spielte, hatte er Manager Bernd-Uwe Hildebrandt zu verdanken. Dieser baute Mitte der 90er Jahre in der Stadt ein echtes Topteam auf, auch wenn die Fans und die Spieler von einem Paradiesvogel wie Stefan Kretzschmar zu Beginn nur bedingt begeistert waren. Wie so oft kam die Liebe zwischen Spieler und Fans allerdings mit den Erfolgen.

Hildebrandt war dabei sowohl Vater des Erfolges als auch Problemfaktor. Der forsche Machertyp öffnete dem Verein mit seiner mitunter fast dreisten Art viele Türen. Wenn es Probleme gab, versuchte er mitunter gleich direkt den Kanzler anzurufen. Er baute den SC zu einem echten Faktor in der Stadt auf. Leider gingen dabei einige Sachen nicht mit rechten Dingen zu, sodass schließlich vieles zusammenbrach. Trotzdem gehört die Zeit beim SC Magdeburg zur Glanzzeit von Stefan Kretzschmar.

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Seit damals hat sich einiges geändert, der Handball ist professioneller geworden, Wettanbieter wie Bet at Home sind auf Handball aufmerksam geworden und der Sport ist schneller geworden. Aber dennoch gibt es in Deutschlands zweit beliebtester Ballsportart immer noch – oder Gott sei dank – noch einige Unterschiede zum Fußball.

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