Kaum eine Branche ist derart hart umkämpft wie das Modegeschäft. Auch die Traditionsmarke Gucci kann hiervor mehr als nur ein Lied singen. Und auch in anderen Hinsichten steht sie wie wohl keine zweite für die zahlreichen Dramen, die seit jeher ein vielfach gelebtes Klischee der Modebranche sind. Immer wieder hat man es bei Gucci aber geschafft, auch im Kerngeschäft mit der Zeit zu gehen. Mit dem Chefdesigner Alessandro Michele ist Gucci nach einigen Krisenjahren längst wieder auf Erfolgskurs.
Guccis Geschichte ist spannend wie ein Krimi
Es ist nicht bekannt, wie intensiv sich die Hersteller der Stone Island Jacke mit der Geschichte des italienischen Modehauses befasst haben. Allerdings wird man die Gucci-Geschichte sicher nicht in jeder Hinsicht als Vorbild für die eigene Entwicklung betrachten. Denn Guccis Geschichte enthält alles, was ein guter Thriller benötigt. Vielleicht würde man einem Drehbuchautoren sogar unterstellen, stellenweise ein wenig zu dick aufzutragen. Aber beginnen wir ganz am Anfang.
Im Jahr 1921 gründete der Sattlermeister Guccio Gucci in Florenz seine kleine Werkstatt für Lederwaren und Gepäck. Zwar konnte er noch keine Ahnung haben, damit die Keimzelle für einen Weltkonzern zu schaffen. Doch schon zu seinen Lebzeiten stieg die Nachfrage nach seinen hochwertigen Produkten so rasant, dass Gucci italienweit weitere Filialen eröffnete. Schon in der Frühzeit des Unternehmens entstanden Produkte, die noch heute Kultcharakter haben, beispielsweise die Bamboo Bag.
Sehr lange konnte Guccio Gucci den Erfolg dieses Produktes allerdings nicht mehr genießen, denn er starb im Jahr 1953. Mit seinen Söhnen ging das Unternehmen allerdings in sehr umtriebige Hände über. Der älteste Sohn Aldo Gucci blickte schon im selben Jahr über den großen Teich und eröffnete eine Filiale in New York und erweiterte das junge US-Geschäft schnell durch weitere Häuser in Chicago, Beverly Hills und Palm Springs. Sehr schnell konnte sich auch die amerikanische High Society für die italienische Designerware begeistern. Der Name Grace Kelly steht stellvertretend für zahlreiche andere Prominente der Zeit.
Ein weiteres Markenzeichen von Gucci kam in den 1960er Jahren hinzu. Damals schuf man die berühmte Verbindung des Steigbügels mit dem G des Markennamens. Schnell folgten weitere Meilensteine. Die erste Bekleidungskollektion kam 1970, das erste Parfum Gucci No. 1 1974 auf den Markt,
Doch Aldo Gucci wusste nicht nur, als gewiefter Stratege für Aufmerksamkeit zu sorgen. Gleichzeitig war er in zahlreiche Skandale verwickelt. Dies begann bereits mit seinem Doppelleben, das er einerseits mit Frau und drei Söhnen und andererseits in einer Beziehung mit seiner Assistentin Bruna Palombo führte. Aus dieser Zweitbeziehung ging eine uneheliche Tochter hervor, deren Existenz in ihrem ersten Lebensjahr geheim gehalten wurde. Erst als zehnjähriges Mädchen erfuhr Patricia Gucci weitere Details zu ihrer Abstammung. Ihr Weg führte sie gemeinsam mit ihrer Mutter von London über Rom bis nach Palm Beach, wo ihnen Aldo Gucci ein Haus erwarb. Der Vater zeigte sich aber auch in anderer Hinsicht als weitblickend. Mit Anfang 20 wurde Patricia Gucci Mitglied im Vorstand des Konzerns. Fast parallel ging es mit Aldo allerdings bergab. Im Jahr 1983 wurde er wegen Steuerhinterziehung angeklagt und drei Jahre später auch verurteilt. Bevor er 1990 an Krebs starb, enterbte er noch seine Söhne.
Einige Gucci-Klassiker sind bis heute Kult
Nur wenigen Unternehmen der Branche ist es gelungen, mit Produkten echte Meilensteine für die gesamte Branche zu setzen. Die bereits erwähnte Bamboo Bag ist der bekannteste Klassiker des Unternehmens. Ihre Entstehung beruht auf der Materialknappheit im Nachkriegsitalien. Leder war 1947 Mangelware, sodass Guccio Gucci sich auf die Suche nach einer preisgünstigen Alternative machte. In Bambus fand er einen Werkstoff, der seine Erwartungen erfüllte. Und die Tasche wurde rasch zu einem echten Renner, für den sich auch Stars wie Vanessa Redgrave oder Ingrid Bergman begeistern konnten. Seither hat man das Design zwar verändert, trotzdem hat die Tasche dadurch nie ihren Kultcharakter verloren. Chefdesigner Alessandro Michele hat sich natürlich auch diesem Modell angenommen und ihm einen zukunftstauglichen Stempel aufgedrückt.
Alessandro Michele: Der Mann für Guccis Zukunft
Nachdem es in den 1980er Jahren in modischer Hinsicht etwas stiller um die Marke Gucci wurde, sorgte Kreativdirektor Tom Ford in den 1990er Jahren für einen ersten großen Aufschwung. Im Jahr 2003 konnte er ein prosperierendes Unternehmen in die kreativen Hände seiner Nachfolgerin Frida Giannini legen. Auch sie brachte die Marke Gucci weiter voran, auch durch die Rückbesinnung auf die klassischen, von Guccio Gucci entwickelten Designs. Als der heutige Chefdesigner Alessandro Michele den Staffelstab übernahm, wagte sich dieser wieder an neue Designs. Die unter Michele entwickelte Tasche Dionysus mit dem unverkennbaren Tigerkopf hat in ihrer kurzen Geschichte bereits Kultstatus erlangt. Und nicht nur diese: Fast wie mit magischen Kräften brachte Alessandro Michele frische Luft in den in die Jahre gekommenen Konzern, sodass Gucci im Jahr 2016 als begehrteste Modemarke der Welt galt. Bis heute hat der Kreativdirektor auch die jüngeren Zielgruppen im Blick und schafft es immer wieder, klassische Designelemente mit modernem Glamour und Sexappeal zu kombinieren. Retrostyle, mondäne Klassik, junge Designs und ein visionärer Blick in die Zukunft: Für Alessandro Michele und seine Marke Gucci sind dies keine Widersprüche, sondern gelebte Herausforderungen.
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