Die Gladiatoren von Florenz Sport

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Es wirkt auf den ersten Blick wie die größte Massenschlägerei Italiens und doch handelt es sich bei dem Calcio storico um eines der traditionsreichsten Sportevents der Welt. Für weiche Typen ist die Veranstaltung jedoch nichts und so werden die Spieler nicht umsonst auch als die Gladiatoren von Florenz bezeichnet.

Wer an die Toskana und vor allem Florenz denkt, dem kommen vor allem idyllische Landschaften, eine romantische Stadt und guter Wein in den Sinn. Wer die Stadt jedoch in der dritten Juniwoche des Jahres besucht, der wird ein ganz anderes Bild vorfinden.

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In dieser Zeit findet jährlich das Calcio storico statt, welches mit großer Wahrscheinlichkeit das brutalste Ballsportevent der Welt sein dürfte. Fast wie im alten Rom treten die Spieler, welche oft als die Gladiatoren von Florenz bezeichnet werden, in einer Arena gegeneinander an, wobei fast jedes Mittel erlaubt ist, um den Ball in das gegnerische Tor zu bringen. Dabei haben die Veranstalter die Regeln zwischenzeitlich deutlich verschärfen müssen. Grund dafür war eine Massenschlägerei zweier Teams im Jahr 2006, welche fast zum Abbruch des Turniers führte. Nach vielen Protesten der Spieler wurden die neuen Regeln 2011 jedoch wieder gelockert. Heute kann theoretisch jeder an der Veranstaltung teilnehmen, so lange er einen ärztlichen Attest vorlegt und in den vergangenen 5 Jahren nicht vorbestraft wurde.

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Die Regeln des Spiels

Trotz der Tatsache, dass der Calcio storico für den Laien von Außen wie eine Schlägerei aussieht, existieren durchaus Regeln bei der Mischung aus Fußball, Handball und Rugby. In jedem Jahr treten insgesamt 4 Mannschaften gegeneinander an. Diese kommen aus vier historischen Stadtvierteln von Florenz und werden Azzurri (aus Santa Croce), Rossi (aus Santa Maria Novella), Bianchi (aus Santo Spirito) und Verdi (aus San Giovanni) genannt. Gespielt wird zunächst ein Halbfinale, bei dem die Gewinner im Anschluss die Gegner des Finals bilden.

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Die Gladiatoren von Florenz bilden beim Calcio storico Mannschaften aus jeweils 27 Spielern. Ein Spiel dauert genau 50 Minuten. Ziel einer jeden Mannschaft ist es, den Ball in das gegnerische Tor zu befördern. Dabei ist es ausdrücklich erlaubt, den Gegner körperlich anzugreifen. Schutzkleidern existiert keine und es sind lediglich Tritte gegen den Kopf sowie Angriffe von hinten verboten. Ist ein Spieler verletzt, dann wird das Spiel unterbrochen und die Sanitäter bringen ihn vom Platz. Auswechslungen gibt es übrigens keine. Trotz der vergleichsweise geringen Regeln ist aber ein Schiedsrichter auf dem Spielfeld vorhanden, welche auf die Einhaltung achten.

Die Gladiatoren von Florenz in langer Tradition

Während die Gladiatoren von Florenz von heute vor allem aus der Arbeiterschaft der Stadt kommen, war die Veranstaltung zu seiner Anfangszeit ein Zeitvertreib für Adlige. Die Ursprünge des Calcio storico gehen dabei bis auf das 15. Jahrhundert zurück. Auch damals existierten bereits schon klare Regeln und es wurde täglich vom Tag der Heiligen Drei Könige bis zum Gründonnerstag gespielt. Dabei war das Spiel nicht nur auf Florenz beschränkt, sondern erfreute sich in ganz Italien Beliebtheit. Selbst Päpste wie Clement VII, Leo XI und Urban VIII sollen Anhänger der Sportart gewesen sein und im Vatikan regelmäßig auf dem Platz gestanden haben.

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Im 17. Jahrhundert verloren die Bewohner der Stadt und Italiens jedoch das Interesse am Spiel und so verschwand es aus dem Gedächtnis der Menschen. Erst in den 30er Jahren wurde es wiederentdeckt und neu belebt. Seitdem wird es in seiner heute bekannten Form gespielt, wobei es mittlerweile eines der Events von Florenz ist. Die Bewohner der Stadt fiebern jedes Jahr dem Spiel entgegen und die Gladiatoren von Florenz erfreuen sich in den Wochen großer Popularität. Selbst Touristen werden von dem Spektakel angezogen und Menschen auf der ganzen Welt reisen anlässlich des Calcio storico an.

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Bilder: Canon Europa

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