Ein Deutscher in der Fremdenlegion. Stefan Müller stand fünf Jahre im Dienst der französischen Armee und absolvierte Einsätze auf der ganzen Welt. Nun ist er wieder Zivilist und beschreibt seine Erfahrungen in einem Buch.
Wie kommt man eigentlich als Deutscher dazu, sich für die französische Fremdenlegion zu bewerben? Diese Frage dürfte Stefan Müller vermutlich schon häufig in seinen Leben gehört haben und eigentlich sollte sie unbeantwortet bleiben. In der Legion stellt man solche Fragen üblicherweise nicht, was Müller jedoch nicht davon abhält, sie zu beantworten. Der spätere Fremdenlegionär war bis 2008 in einer Firma für Sanitärtechnik aktiv. Als er im Zuge der Wirtschaftskrise seinen Job verlor, suchte er nach einer neuen Herausforderung. Stefan Müller wollte Leiden, Hunger und wahre Kälte kennenlernen, um die Dinge im Leben wieder stärker wertschätzen zu können. Die Bundeswehr schied für ihn dabei aus, da die deutsche Armee nicht die Einsätze versprach, die sich Müller wünschte. In der französischen Fremdenlegion sah es da schon ganz anders aus. Wer hier genommen wird, der zieht auch in den Einsatz. Ein ruhiges Leben in der Kaserne kommt für Soldaten der Legion nicht infrage.
Unter neuem Namen
Der Wunsch der Fremdenlegion beizutreten mag für Stefan Müller das eine gewesen sein, es tatsächlich am Ende zu schaffen, gestaltete sich jedoch deutlich schwieriger. Nur jeder achte Bewerber wurde zu Müllers Zeit bei der französischen Elitetruppe genommen, heute ist die Erfolgsquote noch erheblich geringer. Die große Popularität verdankt die Legion der Tatsache, dass die Arbeit zum einen gut bezahlt wird und die Legionäre zum anderen die Chance auf die französische Staatsbürgerschaft erhalten. Jeder Legionär kann diese nach drei Jahren beantragen. Dies macht die Fremdenlegion vor allem für Männer in ärmeren Ländern so begehrt. Personen mit kriminellem Hintergrund haben in der heutigen Zeit jedoch kaum noch eine Chance. Während die Fremdenlegion zu ihrer Anfangszeit gerade bei verurteilten Verbrechern oder Menschen auf der Flucht sehr beliebt war, hat sich dies mittlerweile stark verändert. Ein Überbleibsel aus der alten Zeit ist jedoch nach wie vor erhalten geblieben. Jeder neue Legionär legt bei Eintritt in die Truppe seinen alten Namen ab. Auch Stefan Müller erhielt einen neuen Fiktivnamen und lebte ab 2008 als Karl Mahler.
Mit der Namensgebung selbst war die Ausbildung in der Fremdenlegion jedoch nicht abgeschlossen. Die Monate nach Müllers Eintritt in die Truppe gehörten zu den härtesten seines Lebens. Die Rekruten werde nicht nur körperlich auf einen absoluten Topzustand gebracht, sondern müssen auch mental einiges durchstehen. Hinzukommt die Tatsache, dass man in der Legion nur Französisch spricht. Wer sich also mit dem Gedanken trägt, der Fremdenlegion beizutreten, sollte schon einmal die Französisch-Bücher heraussuchen.
Einsatz in Afrika
Auch wenn Stefan Müller eigentlich auf einen Einsatz in Afghanistan spekuliert hatte, hielt sich die Action für ihn in den ersten Monaten noch sehr in Grenzen. Einen Großteil seiner Zeit verbrachte der neue Soldat Karl Mahler nun doch in der Kaserne. Dem vergleichsweise ruhigen Leben folgten zwei Außeneinsätze, die jedoch noch ohne Kampfhandlung bleiben. Es folgte Müllers Beförderung zum Caporal, was dem deutschen Oberfeldwebel entspricht. Im Anschluss ging es 2013 dann in den ersten Kampfeinsatz.
Die Mission führte Stefan Müller und die Fremdenlegion nach Mali in Afrika. Hier unterstützte Frankreich die Regierung des Landes gegen radikale Islamisten. Diese versuchten, das Land von Norden aus zu erobern. Der erste Feindkontakt fand während einer Patrouillenfahrt statt. Müller und sein Team stießen auf eine Gruppe von drei Islamisten. Es kam zu einem Feuergefecht, bei dem alle drei Feinde getötet wurden.
Seinen schlimmsten Kampf hatte Stefan Müller jedoch nicht mit Terroristen oder feindlichen Soldaten. Stattdessen fand dieser in seinem eigenen Körper statt. Während des Einsatzes in Mali infizierte sich der Legionär mit Malaria. Neun Tage hielt ihn die Krankheit im Griff und sorgte beinah dafür, dass Müller sich wünscht, zu sterben. Letztendlich überstand er aber auch dieses Hindernis und war schon weniger Tage später wieder im Einsatz. Bereits drei Tage nachdem er wieder für einsatzfähig erklärt worden war, befand sich Müller wieder auf Patrouillenfahrt.
Zurück im zivilen Leben
Mit dem Einsatz in Mali neigte sich die Zeit von Stefan Müller in der Fremdenlegion dann langsam dem Ende zu. Sein 5-Jahresvertrag stand vor dem Auslaufen und Müller hatte sich bereits entschieden, ihn nicht zu verlängern. Dabei hatte die Legion ihm den Aufstieg zum Unteroffizier in Aussicht gestellt. Stattdessen beendete Stefan Müller seine Karriere in der Fremdenlegion und kehrte nach Deutschland zurück. Karl Mahler hatte ausgedient und Stefan Müller übernahm wieder die Geschicke. Der Identitätenwechsel sorgte jedoch direkt für neue Probleme für den Ex-Legionär. Für die deutsche Bürokratie war das scheinbare Verschwinden von Stefan Müller über fünf Jahre nicht ganz einfach erklärbar. Vor allem die Arbeitsagentur hatte ein Problem mit einer Person, die jahrelang anscheinend nicht existiert hatte. Letztendlich konnte Stefan Müller jedoch auch dieses Problem lösen. Er begann eine Ausbildung zum Personenschützer. Heute ist er in der Sicherheitsbranche aktiv und lebt in München.
https://www.youtube.com/watch?v=_Vi9Qjp6gvo
Bilder: Stefan Müller privat
Schöner Artikel, nur 2 kleine Korrekturen:
1. Das Titelbild zeigt keine Legionäre, sondern Angehörige der „Troupes de Marine“ (franz. Marineinfanterie)
2. Der Dienstgrad Caporal entspricht NICHT dem Oberfeldwebel der Bundeswehr, sondern dem Obergefreiten.