Im Interview: Afghanistan Veteran und Buchautor Johannes Clair Interview
Johannes Clair ist ein ehemaliger Fallschirmjäger der Bundeswehr. Von Juni 2010 bis Januar 2011 war er in Afghanistan als Teil der ersten Gruppe des Golf-Zuges/Task Force Kunduz im Feldlager Kunduz stationiert. Bei der Operation „Halmazag“ wurde er und seine Kameraden in das längste Gefecht der Geschichte der Bundeswehr verwickelt.
Menify: Was hat dich dazu bewogen zur Bundeswehr zu gehen?
Johannes Clair: Für mich hat die Aufgabe als Soldat in Deutschland schon immer bedeutet, zu helfen. Immerhin ist der Soldat der einzige Job in Deutschland, der ausschließlich dazu da ist, den Bürger vor physischer Gewalt von außerhalb zu schützen.
Du warst als Fallschirmjäger in Afghanistan, dabei auch mehrfach in schwere Gefechte verwickelt. Was hat sich für dich nach dem Einsatz verändert?
Nach meiner Rückkehr musste ich erkennen, dass der Einsatz in mir deutliche Spuren hinterlassen hat. Das betrifft positive Aspekte, wie das Gefühl für größere Zusammenhänge entwickelt zu haben. Aber auch negative, wie die Belastung verarbeiten zu müssen.
Hast du deine Entscheidung, in den Einsatz zu gehen jemals bereut?
Zu keinem Zeitpunkt. Grade in dem Zusammenhang, dass wir einen großen militärischen Erfolg erreichen und damit auch viele Einheimischen zu helfen in der Lage waren, aber auch durch den Bucherfolg habe ich eine sehr positive Rücksicht auf meinen Einsatz.
In deinem Buch „Vier Tage im November“ schreibst du offen über den Einsatz in Afghanistan. Es war monatelang in der Spiegel Bestseller Liste.
Wie waren die Reaktionen auf das Buch? Von Freunden/Bekannten und im Kommentare Internet.
Ich bekomme nach wie vor viel Zuspruch von vielen Menschen, die sich sehr dafür bedanken, dass ich ihnen einen ehrlichen Einblick gewähre. Ich lasse im Buch durch meine Offenheit die Hosen komplett herunter. Das betrifft meine Erlebnisse, die Motivation, Wut, aber auch Angst und die Probleme mit dem Partner zu Hause. All das gab es in dieser Form noch nicht in Deutschland.
Auf deiner Lesereise hast du vor interessierten Leuten dein Buch vorgestellt. Was war dort die positivste Reaktion die dir im Gedächtnis geblieben ist? Und was die negativste?
Die Eltern eines in meinem Einsatz gefallenen Kameraden haben sich sehr für das Buch bedankt. Das war für mich extrem bewegend.
Am schlimmsten empfand ich die Ablehnung einiger Aktivisten an der Uni Göttingen, die etwa hundert Zuhörern durch lautes Gröhlen das Zuhören unterbinden wollten . Dabei ging es mir nicht darum, dass diese Wenigen möglicherweise eine andere Meinung vertraten, was sie nicht wissen konnten, denn sie haben mich ja nicht gehört. Sondern dass sie tatsächlich der Meinung zu sein schienen, durch Verschweigen des Themas würde sich irgendetwas ändern. Frei nach dem Motto: Was ich nicht sehe ist auch nicht da.
Aktuell bist du in der ZDF Dokumentation „Auf der Flucht zu“ sehen. Einer Dokumentation die den Weg von Asylsuchenden nach Deutschland zeigt und was es heißt auf der Flucht zu sein.
Wie kamst du dazu dort mitzuwirken?
Meine Teilnahme kam zufällig zustande. Ein befreundeter Autor hatte keine Zeit und stellte den Kontakt her. Nach einem Casting war dem ZDF klar, dass ich mitmachen würde.
Was sind deine Erkenntnisse die du aus „Auf der Flucht“ gewonnen hast?
Vor allem die Tatsache, dass unsere Grundrechte, für die ich ja auch in Afghanistan mit meinem Leben eingetreten bin, nicht für alle Menschen gfleichermaßen gelten. Als ich die griechischen Lager und unsere Politik der Überlassung von Flüchtlingsproblemen zum ersten Mal mit eigenen Augen sah, wurde mir eines bewusst: Wenn unsere hochgelobten Grundwerte nicht für alle gelten, sind sie nichts wert.
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